Pressemitteilung: Stellungnahme der KlimalisteBW zur Weiterentwicklung des Klimaschutzgesetzes von Baden-Württemberg und dem Klima-Maßnahmen-Register

Die Landesregierung von Baden-Württemberg hat Anfang Februar 2023 nach eigenem Urteil das ambitionierteste Klimaschutzgesetz (KSG) aller deutschen Bundesländer aufgestellt und sieht dies als Meilenstein für den Klimaschutz im Land. Heute wurde das zugehörige Klima-Maßnahmen-Register (KMR) vom Landeskabinett beschlossen.

Wie in der deutschen Klimaschutzpolitik leider üblich, werden im baden-württembergischen Klimaschutzgesetz Ziele aufgestellt, die weit jenseits der aktuellen Legislaturperiode liegen. Solche Ziele lassen es nicht zu, den tatsächlichen Fortschritt beim Klimaschutz bei der nächsten Landtagswahl zu beurteilen. Da zudem Klagemöglichkeiten explizit ausgeschlossen sind, gibt es weder eine wirksame Kontrolle durch die Wähler*innen noch ist eine juristische Kontrolle möglich. Dadurch haben diese Ziele lediglich deklamatorischen Charakter, sind faktisch wirkungslos und damit unbedeutend.

Die KlimalisteBW hat große Zweifel daran, dass die beschlossenen Maßnahmen ausreichen werden, um die Ziele für die Jahre 2030 und 2040 zu erreichen. „Wie auch auf Bundesebene werden voraussichtlich auch in Baden-Württemberg einige wichtige Sektoren ihre Ziele weit verfehlen“, so Dr. Martin Ruff vom Landesvorstand der KlimalisteBW. „Insbesondere im Verkehrssektor ist nicht erkennbar, dass es in den kommenden Jahren zu einer deutlichen Reduktion der CO2-Emissionen durch Fahrzeuge mit Verbrennungsmotoren kommen wird. Dafür wären neben vielen anderen Maßnahmen ein sofortiger Stopp des Neu- und Ausbaus von Autobahnen, sowie von Bundes-, Landes- und sonstigen Straßen, ein großflächiger Rückbau von Parkplätzen sowie ein allgemeines Tempolimit nötig.“, so Ruff weiter. „Die Tatsache, dass im KMR der Ausbau von Umgehungsstraßen sogar explizit gefordert wird, zeigt deutlich, dass die Landesregierung nicht verstanden hat, dass der Neubau von Straßen dem Klimaschutz diametral entgegensteht. Auch die Notwendigkeit der Reduktion des klimaschädlichen Flugverkehrs wird mit keiner Silbe erwähnt.“

Dazu kommt, dass sich die heimische Autoindustrie auf gewinnträchtige große, schwere und teure Fahrzeuge konzentriert, die selbst als Elektrofahrzeuge wegen des immensen Materialverbrauchs nur einen kleinen Beitrag zur Nachhaltigkeit im Verkehrssektor liefern. Das KSG liefert keinerlei Anreize für die Autoindustrie von diesem zukunftsgefährdenden Irrweg abzukommen.

Eine weitere große Schwachstelle des KSG ist das Fehlen von verbindlichen jährlichen Ausbauzielen der erneuerbaren Energien. Insbesondere bei der Windenergie besteht großer Nachholbedarf, der innerhalb der aktuellen Legislaturperiode schon deutlich aufgeholt werden muss. Dafür sind besonders die windreichen Standorte in den Höhenlagen des Landes nötig, die von der Landesregierung aber teilweise explizit von der Windenergie-Nutzung ausgeschlossen werden.

Wir als KlimalisteBW fordern einen schnellen Wandel in Politik und Gesellschaft hin zu einer nachhaltigen Lebensweise. Dafür braucht es gesetzliche Regelungen, die jährliche, einklagbare Klimaschutz-Ziele festlegen und die durch ehrgeizige Maßnahmen wichtige Akteure wie die Autoindustrie und die Energiewirtschaft in die Pflicht nehmen.

Leider steht dieses Klimaschutzgesetz von Baden-Württemberg in der unguten Tradition der deutschen Klima-Gesetzgebung: zu wenig, zu langsam und zu unverbindlich. Wir fordern dringend, das KSG durch jährliche und einklagbare Ziele zu ergänzen. Nur so können die großen Widerstände gegen die notwendige Transformation überwunden werden.

Die Maßnahmen im KMR werden von BUND, Nabu und auch vom Klima-Sachverständigenrats des Landes als völlig unzureichend kritisiert. Dieser Kritik schließt sich die KlimalisteBW an. Wir fordern für jede Maßnahme im KMR eine Abschätzung des Treibhausgas (THG) – Reduktionspotentials und eine darauf aufbauende Priorisierung der Maßnahmen. Die Summe der vorgeschlagenen Maßnahmen muss mit dem gesetzlich vorgeschriebenen THG-Reduktionspfad übereinstimmen. Anders können die Klima-Ziele nicht erreicht werden.

Matthias Feurer von der Klimaliste Tübingen sagt zum KMR: „Es ist absolut enttäuschend, was die Landesregierung hier als sogenanntes Klimamaßnahmenregister vorlegt. Neben der Tatsache, dass viele der Maßnahmen ohnehin bereits beschlossen sind, wie zum Beispiel das Jugendticket und damit eher eine Zusammenstellung von bereits Bekanntem darstellen, fehlt es vor allem an konkreten CO2-Reduktionspfaden mit mengenmäßigen Einsparzielen sowie zeitlichen Fristen. So bleibt weiterhin unklar wie die im Klimaschutzgesetz genannten Ziele je Sektor konkret erreicht werden sollen. Auch die Kosten der Maßnahmen und wie diese finanziert werden sollen, werden nicht aufgeführt. Damit ist zu befürchten, dass viele der Maßnahmen wie zuletzt die im Koalitionsvertrag vereinbarte Mobilitätsgarantie dem Rotstift zum Opfer fallen werden.“

Die KlimalisteBW hält viele der Punkte im KMR für reine Placebo-Maßnahmen mit vernachlässigbarem THG-Reduktionspotential. Am Ende zählen nicht die Anzahl der Maßnahmen oder die Komplexität der Gesetze, sondern die messbare Reduktion von CO2 und anderen Treibhausgasen.

Dr. Martin Ruff zur Klimaschutzpolitik der Landesregierung von Baden-Württemberg: „Auch nach fast zwei Jahren der aktuellen Legislaturperiode schafft es die Landesregierung von Baden-Württemberg nicht, eine glaubwürdige Klimaschutzpolitik zu entwickeln. Damit entlarvt sie die mantra-artig vorgebrachten Klimaschutz-Bekenntnisse der Regierungsparteien und des Ministerpräsidenten als reine Lippenbekenntnisse. Wir können es uns nicht weiter leisten, beim Klimaschutz auf das Prinzip Hoffnung zu setzen, sondern wir brauchen jetzt eine konsequente und konsistente Klimaschutz-Politik, bei der Ziele und Maßnahmen zusammenpassen. Davon ist die Landesregierung von Baden-Württemberg leider noch meilenweit entfernt.“


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